Die Hündin Adelhaid

Auch wenn es für den einen oder anderen Leser unverständlich klingt, wenn ich hier schreibe, das ein Retriever nicht wirklich zu meinem Beuteschema gehört - aber es ist tatsächlich die Wahrheit.

Bevor Adelhaid zu mir kam, vergingen sechs Jahre mit Shila, die als Promenadenmischung allerdings auch nicht zu meinem engeren Kreis der favorisierten Hundetypen zählte, um auch hierbei uneingeschränkt ehrlich zu sein.

 

In dieser vorangegangenen Phase, den sechs Jahren, beschäftigte ich mich intensiv mit dem Thema Hund, mehr wohl insgeheim als irgendwie geradelinig.

Ich kaufte mir keine Bücher oder las im Internet (schlau) nach. Ich bevorzugte die Unterhaltung von Mensch zu Mensch - oder genauer gesagt: von Hundehalter zu Hundeausführer, was ich seinerzeit ja weiterhin unbestritten war.

Vorausschicken muss ich hier noch, dass ich vor Adelhaid noch in unregelmäßigen Abständen drei weitere Hundinnen ausführen durfte, kleine bis "mittelkleine" Mischlingen.

Aber auch diese kamen - ich will fast sagen: natürlich - so ganz und gar nicht meinem Traumbild eines Hundes nahe, gaben mir aber wiederum viel zurück, für mein Wohl und für meine Verständnis in Sachen Hundehaltung. Eine jener Hündinnen - Hanna genannt - durfte ich sogar vom Welpenalter an begleiten, eine herausragende Erfahrung für eine schlichten  Hundeausführer.  

 

Seinerzeit verfolgte ich schon einen kleinen Wunschtraum - vielmehr steckte ein loser Satz dahinter -, den ich bis heute hinterherjage, im wahrsten Sinne des Wortes. Irgendwann, so dachte und denke ich mir, so hoff(t)e ich, werde ich den Hund meiner Vorstellung als meinen treuen Begleiter begrüßen dürfen. Damals sagte ich oftmals: "Vielleicht mal mit 40, vielleicht einmal einen Weimaraner".

Verlebt hatte ich meinen 40. Jährungstag (Zeugung wie Geburt) hingegen mit meiner, ja - man muss es aussprechen (ausschreiben) dürfen -, ach so lieben Adelhaid.

 

Adelhaid kam als Welpe in mein Leben. Sie wurde nicht von mir ausgesucht, aber von mir seit dann liebevoll ausgeführt und - auf meine intuitiv-eigene Weise - erzogen + vor allem in mein Dasein hineingezogen, wie ich in ihres.

Erst als sie 2 1/2 Jahr alt war, Mitte Herbst des Jahres 2009, passierte es: Ich wurde erstmals und ganz offiziell in meinem Leben ein Hundebesitzer.

 

Das war daher nötig, weil ich mit Adelhaid große Dinge vorhatte und auch umsetze.

Ich sah in ihr etwas, Fähigkeiten, die ich unterstützen wollte. Eine kleine, mehr oder weniger, Anzeigen-Nachricht in der regionalen Druckpresse ließ mich aufhorchen. Um die einstigen Geschehnisse - die mein, ihr und das Leben vieler Anderer bereichen sollten (und taten) - zügig auf den Punkt zu bringen: Ich ließ sie von geschulten Person vor Ort testen, und sie bestand diese "Prüfung" (auf Anhieb) mit Bravour. Unmittelbar später, noch vor dem Ende der Schulungswochen (eher für die Halter, denn für die teilnehmenden Hunde), durfte sie mich als "ausgebildeter" Besuchshund (aka. Therapiehund) fortan für viele Jahre begleiten, vorausgesetzt natürlich sie würde in meinem "Besitz übergehen", damit sie über mich und die OrGa [ASB] versichert war, was letztendlich ebenfalls sehr unproblematisch eintrat. Des Weiteren gab es einen netten Nebeneffekt: Sie wurde von der Hundesteuer befreit und galt somit soz. (per legem) als "Diensthund", was heute wie damals nicht selbstverständlich war.   

 

Zurück zu den Anfänge...


Adelheid, kam am 06.01.2007 (unter dem Namen "Sunny") als "Kind" eines blonden Show Dog [DP] Labrador Retriever Rüden (Olli) und einer schwarzen Field Trial [FT] Labrador Retriever Hündin (Maja) im hohen Norden Oberfrankens zu Welt. [Ich sagte immer: "Knapp vor der ehemaligen Zonengrenze."] Sie galt in diesem Sinne als ein sogenannter Dual Purpose Labrador Retriever (, und wie ich als ein Angehöriger der Oberfranken).

Sie war der einzige blonde Hund im Wurf und meines bescheidenden Wissens nach auch der einzige jener sieben Welpen [- ich lernte einige von ihnen drei Jahre später bei einem "Wurf-Treffen" kennen -], der beide Aspekte perfekt in sich vereinte. Sie hatte offensichtlich nicht die beneidenswerten Eigenheiten eines FT-Labbis, aber den unbedingten Willen. Sie verfügte nicht über die mess-relevanten Äußerlichkeiten eines Show Dogs, aber sie hatte den Charme eines kleinen Riesens mit ihren stolzen 56,5 cm Schulterhöhe, was für eine Labrador-Hündin - egal welchem Schlags zugehörig - schon in die Warte "groß" fällt.

 

Adelhaid war - als ich viele Jahre drei Hunde gleichzeitig ausführte -, so seltsam es sich anhört, stets die Nummer 1, im Vergleich zum militärischen Dienst also mein direkter Stellvertreter, was nicht wirklich die Wahrheitslage widerspiegelte, denn Shila war die unangefochtene Rudel-Chefin des "Frauen-Trios". Die Sympathiewerte meinerseits lagen dagegen ausnahmslos bei Adelhaid.    

Ausgehend von meinem persönlichen "Beuteschema" - den mit Abstrichen ausnahmslos äußeren Merkmalen nach - war die "Nummer 3" im Bunde, die jüngste, jedoch mein Favorit.

Sie bekam den Namen Selma und gehörte einer seltenen Jagdhunderasse an. 


Unabhängig davon - und um das hier abzukürzen - war jene "DP-Labradorin" das insgeheim Beste, was mit mir einen langen Lebensabschnitt teilte und währenddessen viele Menschen - von ganz jung bis steinalt - Momente von (nahezu unbeschreiblichen) Glück bescherte. Sie bewegte etwas, und meine Aufgabe war lediglich die eines Zubereiters, eines Überbringers dieser einzigartigen Emotion, die in Erinnerungen verbleibt und jederzeit wieder an einem herantritt, wenn man es nur zulässt abermalig sie zum Erglimmen zu bringen. 
Mit Adelhaid hatte ich unweigerlich enorm viel bewegt, was selbstverständlich ohne ihr mir niemals möglich gewesen wäre.      


Für mich war sie insgeheim kein DP-Labrador (per se). Für mich war sie mein "Paria-Hund", denn wenn sie neben mir schlief und träumte, vermittelte sie mir oftmals eine unendliche Weite des Seins, wie man sie in den entlegenen Steppen der Mongolei wahrnehmen kann, wie man sie gleichwohl in den Tundra-Ebenen dieses riesigen Landes vorfindet, in einer Zeit, die nicht mehr diese ist, in einer vergangen Periode noch weit vor kaisergleichen Herrschern wie Dschingis Khan oder seiner Vorahnen. Wenn roter Sand auf weißen Schnee fällt, erblickt man ihr Angesicht, ihr gesamtes Äußeres, inmitten von Nichts, was doch mehr ist, als das was man gemeinhin als Vieles benennt, deutet und beziffert. 

Adelhaid ging so frontal hinfort von mir, wie sie brachial in mein Leben stieß; kurz vor Anbeginn ihres 14. Lebensjahres erlöste ich sie, löste sie (temporär) von mir, in einer der wohl schwersten Entscheidungen meines Lebens, die ich gleichsam ad hoc traf und niemals bereute. Trotzdem sind nahezu 13 volle Jahre eine lange Phase, die man nicht hinwegwischen kann. Heute, was mich ungemein beruhigt, ruht sie an einer ihrer Wirkungsstätten, im Garten, keine 10 Meter entfernt von mir; ein wenig mehr als ein sprichwörtlicher Katzensprung, und dennoch würdig der am Ende traurig dahingetippten Zeilen, die dahingehaucht werden müssen, um ganz bei der Wahrheit zu bleiben, ohne sie jemals von sich gegeben, sie vermittelt, zu haben. 
Ich summe ihr Lied, inhaliere ihren einzigartigen Geruch, gedenke ihrem Kosenamen - den ich ihr nie zuteilte und doch so oft verwendete -, vergesse nie ihren gegebenen Rufnamen und ihren insgeheimen, den wir beide nur zu gut kannten und für uns behalten werden bis zur Wiederkunft.